Das Lebenshaus-Modell®

Modell für systemische Beratung und Therapie

Die Lösung all unserer komplexen Probleme liegt dort, wo wir im Denken und Suchen nach Erkenntnis nicht so leicht hingelangen. Die Lösung ist also außerhalb unseres Denkrahmens und dort, wo unser Blickwinkel aufhört. Das hört sich an, wie eine schlechte Nachricht – doch die gute Nachricht in diesem Dilemma heißt: Es gibt Hilfsmittel und Techniken, um den Blick zu weiten und tatsächlich die Lösung außerhalb des eigenen Denkens zu finden. Petra Ritter stellt zu diesem Thema ein neues Beratungsmodell vor, welches ein über sich selbst hinausdenken auf erstaunlich einfache Weise ermöglicht. Das Lebenshausmodell® erleichtert Beratern und Therapeuten eine systemisch fundierte Rundumschau eines komplexen Systems und dabei eine leichte und gleichzeitig sehr tiefe Arbeitsweise. Das Modell eignet sich aber ebenso hervorragend für die Selbstreflexion und wurde bereits von Führungskräften, Personaler und Menschen in Veränderungssituationen erfolgreich angewandt.

1. Das Modell

Wir leben im täglichen Spannungsfeld „Ich – Beruf – Privatleben – Organisation“ mit häufig unvereinbaren Extrempositionen. (Radatz, 2007) Im „Lebenshausmodell“ ziehen diese vier Lebensbereiche gemeinsam in ein fiktives Haus ein. Darin kann dann nach Räumen aufgeteilt und sortiert werden: Wir alle haben uns unser Leben ja in irgendeiner Weise „eingerichtet“. Wir geben dabei manchen Dingen mehr Raum als anderen – dies geschieht freiwillig, aber auch unfreiwillig. Einige unserer Lebensräume sind gut ausgestattet, aufgeräumt, fühlen sich lebendig an und andere erscheinen gähnend leer, oder zum Bersten voll. Das Lebenshaus stellt ein Modell dar, welches uns ermöglicht, mit Leichtigkeit und gleichzeitig Tiefgang die Klarheit zu gewinnen, wo es im Leben aufzuräumen, neu zu gestalten oder ganz auszumisten gilt; und zwischen welchen Räumen es Mauern bzw. Türen, Trennendes und Verbindendes braucht. Das Modell bietet uns die Möglichkeit, alle Lebensbereiche gleichzeitig und von au.en zu betrachten und die scheinbaren Spannungsfelder auszubalancieren.

2. Bauplan

Das Lebenshaus hat, wie beinahe jedes Haus, vier Seiten: Die „Ich“ Seite, die „Privatleben“ Seite, die „Beruf“ Seite und die „Organisation“ Seite. Wir stellen uns das Haus dreidimensional vor – also wie ein echtes Haus. Das Lebenshaus hat jedoch ebenso vier Eingänge, weil wir dadurch unterscheiden, in welchen Teil des Hauses wir gehen möchten. Um die Gesamtsicht zu bewahren, wird das Modell in der Vogelperspektive – also von oben – dargestellt. Dabei kann auf einem Blick Grenzen überschreitende Ausbreitung diverser Lebensräume sichtbar werden.

Es kann schon passieren, dass wir über Jahre hinweg nie mehr durch den „Ich“-Eingang in unsere „Ich Seite“ gekommen sind und daher auch vergessen haben, dass es diesen Teil tats.chlich gibt. Auf dieser Seite, finden wir unter Umständen Räume, in denen wir uns auftanken, Ruhe finden und uns sortieren. Egal was wir in diesen Räumen tun, wie wir diese benennen und ausstatten, diese Lebensräume sind dazu da Freude, Zuversicht und Leidenschaft zu spüren und wieder zu finden.
Häufig kommt es vor, dass Menschen Jahrzehnte lang auf der „Berufsseite“ ihres Hauses wohnen. Dort befinden sich sämtliche professionellen Eigenschaften im persönlichen Leben. Dort gibt es möglicherweise gut ausgestattete Fähigkeitszimmer oder auch Baustellen. Der Inhalt dieser Räume stellt nicht zuletzt das Überleben sicher. Für manche steht hier sogar der Sinn im Leben auf dem Prüfstand.
Die „Privatlebenseite“ versteht sich fast von selbst: Hier sind wir in Gesellschaft – ob mit (Ehe)-partner, Kindern oder Freunden. geben könnte.
Auf den ersten Blick mag die „Organisationsseite“ unbedeutend erscheinen. Doch denken wirdabei an die viele Zeit, die wir damit beschäftigt sind, uns in diversen Systemen zurechtzufinden,sie zu erschaffen oder sie zu hinterfragen – sei es nun unsere eigene Lebensorganisation, oder im Unternehmen, in dem wir tätig sind – dann wird die Bedeutung dieser „Hausseite“ offensichtlich.

Es ist indifferent, ob wir ein einziges Thema im Leben haben, welches das gesamte Lebenshaus einnimmt, oder ob es viele verschiedene Themen sind, die in diesem Modell sortiert werden können; in beiden Fällen können wir uns im Mittelpunkt unserer Kraft befinden. Manche Menschen sagen „ich bin mein Beruf“ (für eine bestimmte Zeit lang) oder „ich bin meine Familie und das ist gut so!“ Ganz genau! Was „gut so ist“, soll auch „gut so bleiben“. Ganz wie Steve de Shazer es formulierte: “Wenn etwas funktioniert, tue mehr vom Gleichen!“
In Zeiten der „Fülle“ (egal, wie Fülle subjektiv empfunden und definiert wird) können wir Menschen uns im Privatleben, im Beruf, der Organisation und auch als Individuum ausgefüllt und in Balance erleben, oder eben nicht.
Brauchbar wird das Lebenshausmodell insbesondere im letzteren Fall, dann wenn dem nicht ganz so ist. Wenn ein „mehr vom Gleichen“ nicht mehr funktioniert und möglicherweise ein Paradigmenwechsel (die Königsdisziplin des Lernens) ansteht (Bateson, 1981).